Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Optimierungsansatzes zur Verbesserung des Flexibilitätsmanagements der Akteure auf dem Energiemarkt. Dieses soll zum einen eine effiziente Anlagensteuerung ermöglichen und zum anderen eine gewinnmaximierende Vermarktung gewährleisten. Beide Aufgaben sollen dabei unter der Berücksichtigung aller relevanten technischen und marktseitigen Restriktionen erfüllt werden.

Vorgehen

Für die mikro- und makroskopische Optimierung werden zunächst alle Rahmenbedingungen und Restriktionen gesammelt und hinsichtlich Komplexität, Wichtigkeit und praktischer Relevanz analysiert. Ziel ist dabei die Entwicklung eines mathematischen Modells, welches die essentiellen Informationen enthält, jedoch vorerst nicht alle möglichen praktischen Szenarien abdeckt. Durch schrittweise Erweiterung der Ausgangsformulierung soll das Modell stetig größere Allgemeingültigkeit erlangen und durch zunehmendes Verständnis der Problemstellung gleichzeitig optimiert werden. Die jeweilige Modellformulierung wird mit Hilfe von Solvern gelöst.

Ausgehend von der exakten mathematischen Modellformulierung können die Eigenschaften guter Lösungen abgeleitet werden, was die Entwicklung heuristischer Lösungsansätze befördern soll. Die Entwicklung heuristischer Verfahren, zur Erzeugung praktikabler Lösungen in akzeptabler Rechenzeit, ist für reale Problemgrößen unabdinglich. Kurze Rechenzeiten sind notwendig, da innerhalb eines Tages Schwankungen bei Preisen, Bedarf und Prognose bzgl. dargebotsabhängiger Erzeugung oder andere Unsicherheiten, wie bspw. Kraftwerksausfälle, kurzfristige Reoptimierungen erforderlich machen. Die Eignung der Lösungsverfahren muss abschließend hinsichtlich benötigter Rechenzeit und erzielter Lösungsgüte abgeschätzt werden.

Mikroebene

Zur Optimierung von lokalen Verteilernetzen und Kundenanlagen (Phase 1) sind die detaillierte Abbildung einzelner Anlagen und ggf. die Synchronisation mit der geplanten Produktion notwendig. In diesen lokalen Zellen kann ein Ausgleich der Leistung zwischen den Anlagen über Ver- oder Zukauf erfolgen. Neben anlagenspezifischen Restriktionen sind die komplexen Regeln für die Netznutzung zu berücksichtigen. Dies betrifft bspw. Bezugsspitzen bzw. deren Vermeidung, um die Netzendgelte niedrig zu halten oder zu senken.

Eine detaillierte Betrachtung und Berücksichtigung der technischen Restriktionen und damit die mikroskopische Untersuchung einzelner konkreter Anlagen bzw. Kundenanlagen und geschlossener Verteilernetze erfolgt in der ersten Phase. Die Vermarktung reduziert sich hierbei auf die Entscheidung „Make-or-Buy“. Die optimale Fahrweise hängt somit vor allem von der gegebenen Marktlage, Netzlast und den zu zahlenden Netznutzungsentgelten ab.

Die folgende Abbildung stellt vereinfacht die Zusammenhänge zwischen den Akteuren im deutschen Energiemarkt aus Sicht einer lokalen Zelle bzw. einzelnen bilanziellen Einheit dar. Die Marktteilnehmer unterscheiden sich stark in ihren jeweiligen Interessen bzw. den geltenden Anreizsystemen (reguliert und nicht reguliert). Im Zentrum der Betrachtung steht die lokale Zelle, die verschiedene rechtliche Status innehaben kann:

  • Kundenanlage gem. § 3 Nr. 24a EnWG
  • Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung gem. § 3 24b EnWG
  • Geschlossene Verteilernetz gem. § 3 110 EnWG
  • Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung gem. § 3 Nr. 17 EnWG

Entscheidend für die Optimierung ist die messtechnische Abgrenzbarkeit der Zelle, die ausschlaggebend für die Anwendbarkeit der monetären Zielgrößen ist, welche den Gegenstand der Optimierung darstellen.

Makroebene

Eine zielführende Optimierung im Rahmen eines Virtuellen Kraftwerks (Phase 2) erfordert die parallele Optimierung lokaler, standortbezogener Fahrpläne einzelner Anlagen unter Berücksichtigung der überregionalen Vermarktungsmöglichkeiten. Das beinhaltet sowohl die Höhe gebündelten Flexibilitäten als auch deren virtuelle Aufteilung und Zuordnung zu Spot- und Regelenergiemarkt. Die Flexibilitäten sind qualitativ nicht homogen, d.h. nicht jede Anlage ist in der Lage Flexibilitäten für alle Vermarktungsmöglichkeiten bereitzustellen. Neben anlagenspezifischen Restriktionen sind weiterhin die komplexen Regeln für die Netznutzung und zusätzlich auch marktseitige Anforderungen zu berücksichtigen.

In der zweiten Phase des Projekts werden speziell die ökonomischen Restriktionen und Anforderungen einbezogen. Es erfolgt eine makroskopische Betrachtung mehrerer einzelner lokaler Zellen des Stromnetzes mit der praktischen Ausrichtung zur Optimierung virtueller Kraftwerke. Die technischen Eigenschaften der einzelnen Anlagen sollen zunächst nur soweit Berücksichtigung finden, wie es zur Abbildung der Problemstellung zwingend notwendig ist. Da die Energievermarktung in dieser Phase fokussiert wird, muss auch der Art und Weise (Pay as bid, Uniform Price) sowie dem Zeitpunkt (wöchentlich, täglich) der Vermarktung der einzelnen Produkte (SRL, MRL, Spotmarkt) Rechnung getragen werden.

Synthese

Nachdem die mikro- und makroskopischen Optimierungsmöglichkeiten intensiv analysiert und jeweils eigenständige Optimierungsmodule entwickelt sowie implementiert wurden, soll in einer dritten Phase erforscht werden, inwieweit Parallelen zwischen beiden Ansätzen und Zielsetzungen bestehen. Mit den bis hierher gewonnen Erkenntnissen ist zunächst die Frage zu klären, ob bestimmte Anlagerestriktionen der Mikroebene auf die Makroebene übertragen werden müssen. Im weiteren Verlauf soll die Verschmelzung beider Modellierungsformen bzw. Optimierungsansätze überprüft und umgesetzt werden. Das Ziel ist dabei die effiziente Ermittlung eines gesamtoptimalen Ergebnisses, also die Maximierung des Ertrags aus der lokalen und globalen Optimierung.